Afghanische Frauen wehren sich gegen die Taliban


Die Taliban schränken die Rechte afghanischer Frauen stark ein. Nun verbieten sie ihnen sogar den Universitätsbesuch. Doch die Frauen geben nicht auf.”Rechte muss man sich erkämpfen, sie werden einem nicht geschenkt”, besagt ein Sprichwort in Afghanistan. Dessen Bedeutung kennen Julia Parsi und ihre Mitstreiterinnen nur zu gut.Die Frauen haben gemeinsam die “San Library” gegründet, die “Frauenbibliothek” in der Hauptstadt Kabul. Ein Ort, an dem Besucherinnen lesen, lernen und sich austauschen können – mitten unter den herrschenden Taliban. Die Islamisten haben am Dienstag ihren neuesten frauenfeindlichen Erlass verkündet: Fortan dürfen Frauen keine Universitäten mehr besuchen.Loading…EmbedDas Verbot reiht sich ein in eine bereits lange Liste an Einschränkungen für Frauen, seit die militanten Islamisten im August 2021 die Macht übernommen haben. Frauen durften in vielen Fällen nicht mehr an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, dann wurden ihnen Fahrten mit dem Taxi alleine untersagt, dann wurde Mädchen der Schulbesuch ab der siebten Klasse verboten. Seit ein paar Monaten ist etwa in Kabul für Frauen sogar der Besuch in öffentlichen Parks und Fitnessstudios ein Tabu.

“Brot, Arbeit, Freiheit”

Die Aktivistinnen rund um Julia Parsi allerdings wollen nicht über sich bestimmen lassen. Immer wieder organisieren sie Proteste gegen die Regierung und die Beschränkungen durch die Taliban. “Ich möchte die Stimme der Afghaninnen nach außen tragen”, erzählt Julia in ihrer Bibliothek zwischen bunten Büchern für Kinder und zahlreichen Klassikern der afghanischen Literatur.Julia Parsi (l.) sitzt mit anderen Gründerinnen der “San Library”, der “Frauenbibliothek”, in der afghanischen Hauptstadt Kabul. (Quelle: Oliver Weiken/dpa)Ähnlich wie im Iran haben die Proteste gegen die Machthaber in Afghanistan ein weibliches Gesicht. Was für die Iranerinnen und Kurdinnen “Frau, Leben, Freiheit” ist, ist für die Afghaninnen “Brot, Arbeit, Freiheit”: der Protestruf, der sie immer wieder auf die Straßen von Kabul, Herat oder Masar-i Scharif treibt. “Mit jeder neuen Einschränkung für Frauen sind wir erneut rausgegangen”, sagt Parsi. Selbst Schläge, Drohungen oder Verhaftungen konnten Demonstrantinnen bisher nicht davon aufhalten.Vor allem die unter den Taliban weitgehenden Einschränkungen für arbeitende Frauen stellen viele Afghaninnen vor große Probleme. So auch Mina, die für ihre Kinder alleine aufkommen muss, seitdem ihr Mann als Soldat im Krieg starb. In der Werkstatt von Laila Haidari hat die 35-Jährige eine Möglichkeit gefunden, dennoch für ihre Familie zu sorgen.

Polizistinnen werden weiter gebraucht

Im Westen Kabuls hat Haidari, deren bekanntes Restaurant von den Taliban geschlossen worden war, ein Institut gegründet, in dem Frauen lernen, Kleidung und Schmuck herzustellen. So können sie Geld verdienen. In dem Institut bietet Haidari außerdem Kurse in Fächern wie Englisch, Mathematik oder Programmieren an. Ungewöhnlich ist das nicht – nicht wenige Privatschulen unterrichten Mädchen und Frauen einfach weiter.Eine junge afghanische Frau arbeiten an einem Kleid von Laila Haidari. Im Westen Kabuls hat Haidari ein Institut gegründet, in dem Frauen lernen, Kleidung und Schmuck herzustellen. (Quelle: Oliver Weiken/dpa)Andere Frauen haben ausgerechnet im Dienst der Taliban eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten gefunden. Als Schaista sich entschied, Polizistin zu werden, war ihr Mann erst skeptisch. “Doch jetzt unterstützt er mich”, erzählt die 23-Jährige im einfachen Klassenzimmer der Polizeischule mit langen Fluren und kahlen Wänden im Osten Kabuls. Hier bilden die Taliban rund 500 Polizistinnen aus. Sie bedecken ihr Haar mit einem Kopftuch und Mund und Nase mit einer Maske. In dem Raum für Schießübungen liegen auf einem Schultisch mehrere AK-47.Aufgrund der herrschenden Geschlechtertrennung werden Polizistinnen weiterhin benötigt, etwa bei Kontrollen anderer Frauen oder Hausdurchsuchungen. Fast alle Frauen hier sind die Haupternährerinnen ihrer Familien, einige verschweigen ihrem Umfeld, dass sie arbeiten. Im Hof gibt es einen Spielplatz, wo die Kinder der Polizeischülerinnen toben können.

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