“Er hat nichts zu verlieren”


Was bedeutet es für Schröder und die Partei nun, dass das Parteiausschlussverfahren gescheitert ist? Und wie könnte es in dem Fall weitergehen? Der Politikwissenschaftler Knut Bergmann gibt Antworten. t-online: Das SPD-Schiedsgericht in Hannover hat die Anträge auf einen Parteiausschluss Gerhard Schröders abgelehnt. War das absehbar? Knut Bergmann: Es überrascht kaum, dass es beim jetzigen Verfahren nicht zum Parteiausschluss gekommen ist. Eine derartige Entscheidung hätte vermutlich eine jahrelange Hängepartie nach sich gezogen, denn Gerhard Schröder hätte die Entscheidung wahrscheinlich juristisch angefochten. Die staatlichen Gerichte hätten dann entscheiden müssen, ob der Parteiausschluss grob unbillig, also Willkür war oder nicht – das dauert beim Gang durch die Instanzen Jahre.Dr. Knut Bergmann lehrt an der Universität Bonn Politikwissenschaften. Seit 2017 ist er zudem Fellow der NRW-School of Governance. Bergmann hat Politische Wissenschaften, Psychologie und Öffentliches Recht studiert. Warum denken Sie, dass Schröder gegen die Entscheidung vorgegangen wäre?Er hat nichts zu verlieren. Er hat bislang weder Putin die Freundschaft aufgekündigt noch hat er den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt als das, was es ist: als einen durch nichts zu rechtfertigenden Völkerrechtsbruch mit katastrophalen humanitären Folgen. Warum hätte er sich dann nicht mit seiner eigenen Partei streiten sollen? Schröder hat sein politisches Kapital doch schon verspielt.Was Schröder tut, kann man schwerlich noch der SPD zuschreiben. Von den meisten wird er in der Öffentlichkeit ohnehin nicht mehr als SPD-Mitglied wahrgenommen, sondern als politischer Unternehmer auf eigene Rechnung.Warum wurden die Ausschlussanträge denn abgelehnt? In Deutschland gibt es für einen Parteiausschluss hohe Hürden, denn es ist die Höchststrafe in einem Parteiordnungsverfahren. Die Schiedskommission darf nur dann ein Mitglied ausschließen, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat und dadurch schwerer Schaden für die Partei entstanden ist, so heißt es im Parteiengesetz.Dabei stellen sich allerdings die Fragen: Was ist ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Satzung? Wie wird ein schwerer Schaden der Partei definiert? Der Schiedskommission zufolge kann bei Schröder kein Verstoß nachgewiesen werden.Gerhard Schröder (l) und Wladimir Putin (r) im Jahr 2018: Die beiden verbindet eine jahrelange Freundschaft. (Quelle: Alexei Druzhinin/imago images)Fügt Schröders Russland-Nähe der SPD denn keinen schweren Schaden zu? Medial wirkt es so. Die persönliche Freundschaft zu einem kriegsführenden Diktator reicht formal nicht aus, um einen Ausschluss zu erwirken. Ich habe für Schröders Position sehr wenig Verständnis und es ist mir rätselhaft, warum er sein politisches Erbe zerstört hat, indem er sich derart in russische Fänge begeben hat.Aber es ist fraglich, ob seine Partei gut beraten gewesen wäre, wenn sie ein Mitglied wegen einer umstrittenen Freundschaft ausgeschlossen hätte. Beim Beispiel Max Otte war ein Ausschluss aus der CDU einfach: Er hatte sich als Kandidat der AfD für die Wahl zum Bundespräsidenten aufstellen lassen. Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Satzung. Schröders Fall ist komplexer.

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